Eva schaute sich zunächst einmal um. Sie schien in einer Lagerhalle eines Raumhafens zu stehen. Die Halle war gross und mit Containern, Metallkisten und Transportbehältern aller Art angefüllt. Es wirkte zuerst etwas verwirrend, aber man konnte doch eine gewisse Ordnung feststellen.
Robotkräne und Transportmaschinen bewegten sich leise zwischen den Behältern und räumten das Lager praktisch unaufhörlich um, da für jede Kiste die an einer Seite abtransportiert wurde fast sofort eine neue auf der anderen wieder herein kam.
Eva schaute an sich hinab und sah sich in einen roten Anzug gekleidet. Auf den zweiten Blick wirkte der eng anliegende Anzug allerdings eher wie eine Art Uniform, mit seinen weissen Schulterteilen und Manschetten, dem weissen Gürtel und den Kniehohen, engen Stiefeln.
Auf ihrer rechten Brust sah sie ein kleines gelbes Abzeichen, das sie als Kennmarke der Planetenpolizei erkannte.
An ihrem Gürtel befanden sich drei kleine Taschen mit verschiedenen Hilfsgeräten, etwa einem Hochenergie Sender für Ausserplanetare Reichweite und ein kleines Medikit. Ausserdem trug sie einen Halfter in dem eine gedrungen wirkende Schockpistole steckte.
In ihren linken Ärmel waren Display und Sensorfeld eines Kommunikators eingebaut.
Alles schön und gut, nur liess dieser Aufzug in Eva keine Sicherheit aufkommen.
Ihre Erinnerung hatte sich endlich eingeschaltet und was das Mädchen daraus erfuhr machte ihr eher Angst.
Es gab keine Planetenpolizei, jedenfalls nicht im wahren Leben. Aber es gab eine ziemlich alte und trotzdem recht beliebte Holvid - Serie über eine Gruppe von Helden dieser imaginären Polizeitruppe die ständig gegen bösartige Aliens, verrückte Wissenschaftler und üble Dunkelmänner kämpfen musste.
Die Geschichtenwaren unglaublich blöde und unrealistisch, aber vielleicht gerade deshalb sehr gerne gesehen.
Schliesslich bekam am ende immer das Böse in jeglicher Form sein Fett weg.
Die Helden waren natürlich immer menschlich, bis auf Jojojo, der ein putziger und witziger Ausserirdischer mit besonderen Esperkräften.
Die Bösen waren bis auf wenige Ausnahmen immer widerliche Ausserirdische die so grausam und hinterlistig dargestellt wurden, das es dem Zuschauer eine Freude war wenn sie am Schluss möglichst grausam getötet wurden.
Die Heldentruppe bestand aus den Zwillingen John und George Hero, zwei blonden, gut aussehenden Muskelmännern die den Aktion-Part zu erfüllen hatten. Jeffrey Thinker war das wissenschaftliche Genie und sah natürlich aus wie eine junge Version von Albert Einstein. Manny Weapons war der Pilot und Waffenexperte der Truppe und wurde in fast jeder Folge verwundet. Blieben noch, ausser dem Kleinen Jojojo, der wie ein abgeschnittener, haariger Hodensack mit Stielaugen aussah die beiden weiblichen Polizistinnen Lucy Small, eine kleine, dunkelhaarige, energische Computerexpertin und Hardwarekonstrukteurin sowie ihre Kollegin Jane Langley, die sexy Aussenagentin, die meist als Spionin eingesetz wurde, und dabei meist den Schurken in die Hände, Greifer oder Tentakel fiel und dann von den aufrechten Helden, insbesondere George Hero gerettet werden musste.
Jane war gross, schlank und blond und vereinte alle Fähigkeiten in sich die eine Heldin in Gefahr brauchte.
In der Serie war sie denn auch das ständig von Vergewaltigung bedrohte Opfer das von den ständig geilen Bösewichtern auch jedesmal zumindest bis auf die nackte Haut ausgezogen wurde.
Eva erinnerte sich das es sogar einmal einen Skandal und eine grosse Diskussion gegeben hatte, da einige Zuschauer auf einigen weniger aufgeschlossenen Planeten sicher gewesen waren das Jane in mindestens drei Folgen tatsächlich von den sie gefangen haltenden Böslingen vergewaltigt worden war.
Die Macher der Serie schürten die Debatte noch dadurch an das sie das weder bestätigten noch dementierten.
Jedenfalls gehörte es zur Drehbuchvorgabe der Serie das Jane dauernd von irgendwelchen Wesen bedrängt und zumindest ausgezogen wurde. Das stand genauso fest wie die Anweisung das mindestens einer der Zwillinge einmal pro Folge nackt unter der Schalldusche stand, Jeffrey hochkomplizierte Sätze von sich gab und Jojojo mindestens alle zwei Folgen einen Rückwärtsüberschlag machen musste und immer irgendwo, irgendetwas explodieren musste.
Eva spielte also die Rolle der Jane, was ihr, da es sich hierbei ja nicht um eine Folge dieser Holvid-Serie handelte sondern um die sexorientierte Real-Phantasie eines "Kunden", tatsächlich Angst machte.
Erschrocken zuckte sie zusammen als sich ihr Kommunikator mit einer kleinen stummen Vibration meldete.
Eva schaute auf den Bildschirm und sah das Gesicht von Manny, der ernst wirkte. Seine Worte wurden ihr durch Nerveninduktion in den Körper übertragen was für das Mädchen fast war als würde sie die Worte hören. Tatsächlich verursachte diese Methode aber keine Geräusche.
Zumindest in der Serie.
"Hey, Jane. Ich habe dein Signal auf dem Scanner. Da du also im Lager angekommen bist musst du jetzt nur noch versuchen herauszufinden auf welches Schiff die Biowaffen und Genzüchtungen verladen werden. Dann können wir herausfinden wohin sie gebracht werden sollen und wer der Hersteller dieses schrecklichen Grauens ist.
Ich hoffe es gelingt dir einen Sender zwischen die Ware zu schmuggeln, damit wir das Schiff besser verfolgen können, aber wenn es zu gefährlich ist, riskiere lieber nichts. Pass auf dich auf, ich holen dich dann in vier Tagen in Rikspilgusa wieder ab. Ende."
Damit hatte Eva ihre Befehle erhalten denen sie genauso gehorchen musste wie dem Roboter oder direkt an sie gerichteten Anweisungen ihrer "Kunden".
Eva leckte sich die trockenen Lippen und begann vorsichtig zwischen den gestapelten Kisten zur linken Seite der Halle zu schleichen, wo sie durch eines der riesigen Tore das Landefeld des Raumhafens erkennen konnte. |